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Kommentare und Beobachtungen
aus dem Marketing

KW 18 · 06. Mai 2020 · Auffälligkeiten

Virologen - Helden auf Zeit

Foto Virologen - Helden auf Zeit

„Das kaufe ich Dir ab“ – dieser kaufmännische Akt hat sich über die Jahrhunderte sprachlich weiterentwickelt zu einem Ausdruck des persönlichen Vertrauens. Des Glaubens. Das Gegenteil aber auch mindestens genauso. Das glaube ich nicht – das kaufe ich Dir nicht ab.

 

Jede Marke gründet sich auf Vertrauen. Wir glauben an eine verlässliche Qualität. Kunden, also Markenkundige, haben diese positive Erfahrung bereits gemacht und interessierte, neugierige, spontane, Lösung suchende oder bedarfsdeckende Käufer vertrauen auf das, was die Marke so in der öffentlichen Wahrnehmung zu versprechen scheint.

 

Erst die Wiederholung von Kaufakten kann dieses feine Netz an Vertrauen weben und eine Marke festigen. Es muss also ein permanenter Bedarf da sein. Und vom Anbieter auch die Fähigkeit, sich auf verändernde Bedarfe und Bedürfnisse einzustellen und mit gleichbleibender Verlässlichkeit für die Kunden da zu sein.

 

Aktuell haben wir alle einen immensen Bedarf an Information – an fachlicher Orientierung. Das Corona Virus stellt unsere Gesellschaft vor eine nie erlebte Herausforderung. Hochzeit für Experten.
Zum Glück wurde deutlich, dass wir in Deutschland über eine Vielzahl exzellenter Institute und Fachleute verfügen. Einige taten sich sehr schnell als Volksaufklärer hervor.
Alexander S. Kekulé, Christian Drosten und Jonas Schmidt-Chanasit waren die wohl ersten Talk-Show Gäste und wurden seither zu sehr vertrauten Gesichtern auf unseren allabendlichen TV-Bildschirmen. Jeder trug auf seine Weise dazu bei, dass wir die Zusammenhänge der Pandemie besser verstehen und die gesellschaftlichen Erfordernisse annehmen konnten.


Und dies erfolgte nicht immer in völliger Übereinstimmung, Meinungen waren durchaus auch kontrovers. Ich kann mich erinnern, dass Alexander Kekulé mit Verve abstritt, dass die Covid-19 Infektion mit Schnupfensymptomen einherginge. Später wurde das zumindest revidiert, denn zur neuen Erkenntnis wurde: die Symptomatik der Erkrankung kann sehr vielfältig auftreten und ist zudem noch individuell unterschiedlich ausgeprägt.

Wir wurden sozusagen Zeugen eines öffentlich ausgetragenen wissenschaftlichen Diskurses. Jeder Einzelne trug in persönlich authentischer Weise zum Fortschritt der Erkenntnis bei. Zunehmend wurde der Einfluss der Wissenschaft auf die politische Willensbildung evident.

 

Natürlich angeführt vom Robert-Koch-Institut, als Bundesoberbehörde zuständig für die Erforschung von Infektionskrankheiten. Der RKI Präsident Lothar H. Wieler wurde quasi zum Regierungssprecher zur Verkündung täglicher Erkenntnisse und Grundlagen der praktischen politischen Maßgaben.

 

Die öffentlich mögliche Teilhabe an diesen Prozessen hat uns alle befähigt, den Ernst der Lage und die Konsequenzen für unser aller Alltagsleben anzunehmen. Wir wurden zu Hygiene- und Desinfektionsexperten. Die Einbußen im täglichen Leben waren ertragbar, doch mit anhaltender sozialer Isolation und wirtschaftlicher Sorge wächst ein neues Bedürfnis: eine sichere Perspektive.

Ein Spannungsfeld baut sich auf. Die Ungeduld auf Lockerung der Beschränkungen einerseits und die Sorge um ein leichtfertiges Gefährden der bisher erzielten Meilensteine stehen gleichrangig nebeneinander. Spätestens jetzt braucht es auch weitere Erkenntnisse und Einsichten.

 

Henrik Streeck, HIV-Forscher an der Uni Bonn, hat sich mit der Heinsberg-Studie verdient gemacht. Doch getrieben von der Politik und einer ungeduldigen PR-Maschinerie wurden die Erkenntnisse etwas vorschnell interpretiert. Auch die Wissenschaftsethik sah bestimmte Abläufe kritisch. Nicht von allen wurden die gewonnenen Studienerkenntnisse abgekauft. Andere wiederum nahmen sie ab, weil das Studienergebnis von 0,37% Mortalität als Öffnungsmarke herhalten sollte.

 

In diesem Hin und Her neu gewichteter Interessen braucht es auch eine Art Mediation. Melanie Brinkmann von der Technischen Universität Braunschweig übernimmt unbewusst diese Funktion. Zumindest scheint es mir, dass sie von den Sendern für eine unverbrauchte, ausgleichende Haltung geladen wird. Es braucht ein zusätzliches Gewicht für und gegen die verständliche Ungeduld. Und plötzlich steht auch Karl Lauterbach, der gesundheitspolitische Experte der SPD, in diesem Kontext im Rampenlicht. Lauterbach, von Haus aus Mediziner und Epidemiologie, vertritt sozusagen beide Seiten.

 

Alle genannten Experten sind für die Öffentlichkeit Helden auf Zeit. Hoffentlich, denn in absehbarer Zeit sollte das Krisenmanagement erfolgreich sein und unser Leben wieder in gewohnten politischen und gesellschaftlichen Bahnen verlaufen können.

Dann bleiben die genannten Experten Helden in ihrem Umfeld. Für Studierende, alle Fachkreise und die Wissenschaft im Allgemeinen. Als Teil ihrer Hausmarken. Dort werden sie gebraucht.

Und bei der nächsten epidemischen Herausforderung werden wir uns an sie erinnern…und ihre Leistung wieder brauchen. Als Aufklärer, Ratgeber, Administratoren, Mahner, Macher und Mediatoren.
Für unsere Sicherheit.

 

 

Foto: Eigenkomposition auf Basis Bildquelle PIRO4D auf Pixabay 

 

Bitte verzeiht, dass ich wegen der Lesbarkeit auf eine gendergerechte Darstellung verzichtet habe. Für Helden, Kunde, Experten, Forscher, Aufklärer, Ratgeber, Administratoren, Mahner, Macher und Mediatoren ist mit völliger Überzeugung auch die weibliche Entsprechung gemeint.

Tags: Auffälligkeiten

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